
🏰 Die zwei Gesichter des Königs
Wie die Würde einer Gelehrten am Hof geopfert wurde
Es war einmal ein großes Reich, das sich Republik nannte. Dort gab es ein ehrwürdiges Haus, das über Recht und Unrecht wachte – das höchste aller Häuser: der Tempel der Verfassungswächter.
Alle paar Jahre wurde ein neuer Hüter gewählt, der über die Gesetze wachen und den Mächtigen auf die Finger klopfen sollte. In diesem Jahr war eine weise Gelehrte im Gespräch. Man nannte sie Madame Brosiana von Gersdorf, eine Frau mit scharfem Verstand, großer Rechtskenntnis und einem Herz für die Freiheit der Menschen.
Doch am Hofe der Schwarzen Partei, die in jenen Tagen die Zepter der Macht schwang, rumorte es gewaltig.
🎭 Die Rolle der AfDunklen
Eines Tages trat eine Hofdame aus dem rechten Rand – man nannte sie Baronin von Storchstein – vor die Halle der Ratsversammlung und stellte dem König Friedrich von Merzland eine Frage:
„Sagt, edler König, könnt Ihr es mit Eurem Gewissen vereinbaren, eine Gelehrte zu ernennen, für die die Würde eines Menschen nicht gilt, wenn er noch nicht aus dem Mutterleib gekrochen ist?“
Der König schwieg kurz, setzte seine silberne Rhetorikmaske auf und sprach:
„Ja.“
Ein Raunen ging durch den Saal – nicht wegen der Frage, sondern wegen der Antwort. Doch was wie Standhaftigkeit wirkte, war nur ein Schauspiel. Denn hinter den Vorhängen des Palasts wurden längst Intrigen gesponnen.
🕵️ Der Spinnmeister Spahn
Ein alter Hofberater des Königs, Spinnmeister Spahn, der nie eine Bühne scheute, aber jetzt auffällig leise blieb, begann zu werkeln. Gemeinsam mit konservativen Alchemisten und eifernden Schriftgelehrten suchte er nach einem Makel bei der Kandidatin.
Und siehe da – man raunte plötzlich von einem Plagiatsdunst, einem angeblich gestohlenen Gedanken, irgendwo in einem uralten Manuskript. Kein Beweis, kein Urteil – aber genug für eine Wolke des Zweifels.
🧨 Die Verschiebung der Krönung
So wurde die Wahl der weisen Frau verschoben. Offiziell, um alles „gründlich zu prüfen“. Inoffiziell, um sie zum Schweigen zu bringen, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.
Der König schwieg nun. Die Hofpostille verkündete, man müsse „besonnen“ vorgehen. Und im Volk? Dort fragte man sich, warum ausgerechnet jene, die sich selbst als Verteidiger der Rechtsordnung sehen, mit den Waffen der Feigheit kämpfen.
⚖️ Das Ende – oder der Anfang?
So wurde Madame Brosiana nicht gekrönt, sondern demontiert – von denen, die vorgeben, das Reich zu schützen. Der Tempel der Verfassungswächter blieb vorerst unvollständig, und das Märchen – nun ja – es endet nicht mit einem Happy End, sondern mit einer Warnung:
Wenn Könige zwei Gesichter tragen, erkennt man die Wahrheit nicht in ihren Worten – sondern in dem, was sie heimlich verhindern.
Und wer weiß, vielleicht kehrt Brosiana zurück – nicht als Königin der Verfassung, sondern als Mahnmal einer Republik, in der selbst Recht und Würde zum Spielball wurden.
Ende.